Bruder, Schwester Baum
mit der Fingerkuppe
die Rinde entlang fahren
von den Wurzeln zu den Ästen
Das Rauschen der Blätter
Jedem Baum wohnt eine Melodie inne
Die Gerüche der Nadeln von
Tanne, Fichte, Föhre, Zirbe
Das erste Spielzeug geformt aus
Zapfen, Kastanien, Nuss-Schalen
Kurz der Blütenrausch
Der Mai-Baum mit Bändern geschmückt
Darunter getanzt
Der Kirschbaum, tiefrot
In seinem Schatten ein erster scheuer Kuss
Die Sommerferien
Lesend in der Krone eines Apfelbaumes
Der weiße Bast der Birke
Ein Lied im Wald -
Die Pappel Allee
Pflaumen-, Birnen- und Apfelbäume
Erntezeit Herbst - weingetränkt
Das Fallen der Nüsse
Das Blättersammeln
Farbsymphonie in satten Tönen
Der Farbrausch entlang der Baumgrenze
Tiefgelbe Lärchen
Die glatten Flächen der Kastanien
Die Zeder aus dem Epos von Gilgamesch
Aus Tannenzweigen der Adventkranz
Eine Fichte als Weihnachtsbaum
Das Kreuz an der Wand aus Eiche
Eingeschlossen im Sarg aus Buchenholz
Silbrignebel
wandert
der Morgen
über das Gestern hinweg
schwebt flüchtig
an ein Echo gewebt
der Wahrnehmung entlang
Dem Gehen
steht die Haftung gegenüber
Weiter, viel weiter
schwimmt
das Loslassen
ins Offene
Der Sturm bläst
die Nacht hinweg,
nimmt den Sommer mit
Blätter fliegen
darunter Gedanken
die verbrannten
nie ausgelebten
Tanz mit
einem grauen Bleistift
einige Wörter lang
vermischt mit
Spuren roten Weins
Lass das Ich verwehen
und die beschriebenen Blätter
©milena
Wartezimmer
Das bis zum Hals schlagende Herz
brechende Nägel
ergrauendes Haar
trockene Haut
zwischen den Falten
unter den Augen
näher am Fluss
Denken gebremst
von Vergangenem
im Zeitfenster zurück
ein langer Blick
nach vorne gerichtet
das Ende
kurz
vorbei an Gräbern und Urnen
Einmal Sehen
ohne das Wieder
Abschied
ein Lied
gesungen in Stunden
eng gebunden
an ein Meer von Augen
die winken
Gefühle versengt
an ein weißes Blatt gelehnt
im Feuer verbrennen
zu grauer Asche
am Tisch eine Flasche
gefüllt mit Wein
pur und rot
so tritt er näher
ist allein
der Tod
Wartet als letzter Gefährte
nimmt an sich
Der Seele Atem
Der Sonne Meer
Wellen von Licht
Innewerden
Nacht der Gedanken
Sterne gefunkelt
Welle verwehten Glücks
Der erste Schrei
Melodie und Echo
Schnee gepresst an Holz
Klopfen im Herzen
Einziger Laut der Stille
Sei still
Ganz still
In Stille gefroren
Schwellen Wörter
Bilden Sein
Röten den Morgen
©milena (Mai 2009)
Wegstrecke
.....................Eingehaucht
Schreien / Atmen /
Trinken / Essen
Denken / Schreiben
Gehen / Laufen
Lernen / Lesen
Wagen / Versagen
Linien von Zügen
in Richtungen verwachsen
gekreuzt von
Zeitbegebenheiten
Die Minderwertigkeit vom Vater
Von der Mutter die Angst
Das mitgegebene Amen
Stürzend das Licht
des Alltags erbrochen
Mit dem Kopf voraus
Ein Reflex fürs Leben
Bewusstes Sein
Wissen in Worten
zu Sätzen gegossen
Das Denken ein Muster
quert den Kopf
zum Körper gespannt
Vernetzte Drähte
geöffnet von Durchgängen
schaffen freien Raum
Der kleine Finger
sucht den Punkt
in der Mitte des
blickenden Auges
das auf eine Wolke gerichtet
schaut
Der Blick benamt
den Weg
des Erschauten
in eine Richtung
unabänderbar
In Ziffern geschlossen
die Zeit
der markierten
Einheiten
verschieden das Maß
vom nackten Überleben
und goldenen Zähnen
Konzentriert fängt
der linke Nasenflügel
Luft ein
hält sie an
für wie lang
zu kurz
So bewegt
Atem
stehend
fließend
fliegend
außen
innen
außen
Nebeneinander liegende
ineinander verflochtene
Kreisläufe
Gras und Erde
eingeschlossen
von Beton und Stahl
Stoff der Struktur
Fleisch und Blut
aneinander kleben
Signale des Hungers
des Dursts
Mahl-Zeiten der Liebe
mit ins Grab genommen
Ausgehaucht.....................
Texte und Fotos ©milena (Mai 2009)