VIII. Internationales Lyrikfestival

MERIDIAN CZERNOWITZ 2017

7. bis 10. September 2017

Meridian Czernowitz 2017

Vom 7. bis zum 10. September öffnet das achte internationale Lyrikfestival Meridian Czernowitz seine Bühnen für siebzig Autoren und Autorinnen, Künstler und Künstlerinnen, Übersetzer und Übersetzerinnen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Israel, Liechtenstein, Rumänien, Moldawien, Polen und der Ukraine. Unter den TeilnehmerInnen: aus Deutschland - Nancy Hünger, Andreas Altmann, Elke Schmitter, Österreich: Sonia Harter, Hans Eichhorn, Max Pravin, der Schweiz: Eugen Gomringer, Levin Westermann, Israel: Abi Mishol und Yonatan Kunda, Polen: Krzysztof Czyzewski, der Ukraine: Serhiy Zhadan, Igor Pomerantsev, Juri Izdryk, Dmytro Pawlytschko, Iwan Malkowytsch, Andrij Ljubka.

Internationale Lyriklesungen, Vorträge u.a. jener des Gründers der konkreten Poesie, Eugen Gomringen über dieses Lyrikgenre und des polnischen Autors Krzysztof Czyzewski zum zeitgenössischen Meridian der Stadt Czernowitz, Musikkonzerte - deutschsprachige und ukrainische Elektro-Pop Poesie, eine Aufführung jüdischer Musik am zentralen Theaterplatz unter freiem Himmel -, Lyriklesung in der renovierten  Synagoge Sadgora und Diskussionen zum Thema “Gedächtnis und Konflikt”, Präsentationen der neu erschienenen ukrainischen Bücher (u.a. des neuen Romans von Serhiy Zhadan „Internat“), Filmdokumentation von Igor Pomerantsev und Lidia Starodubtseva  „Amputation“, einem Dokumentarfilm zum Thema Krieg und Dichtung in der Ukraine.

Das internationale Projekt BABELSPRECH ist ein Teil des umfangreichen Meridian Czernowitz Festivalprogramms - um neue Kohorte deutschsprachiger Dichter und Dichterinnen international zu vernetzen.  Im Rahmen dieses Projekts treffen Autoren aus Deutschland (Ronya Orthmann, Alke Stachler), Österreich (Marco Dinic, Franziska Füchsl), der Schweiz (Alessandro, Sascha Garzetti), Liechtenstein (Manuel Beck), Rumänien (Dosa Andrei, Claudiu Komartin) und Moldawien (Paula Erizanu)  ihre ukrainischen Kollegen Andrij Ljubka, Iryna Tsilyk u.a. Kuratiert wird BABELSPRECH von Max Czollek (Deutschland), Robert Prosser (Österreich) und Michelle Steinbeck (Schweiz). Die Ergebnisse der Zusammenarbeit werden dem Festivalpublikum präsentiert.

Zum ersten Mal präsentiert das Festival Meridian Czernowitz die regionale ukrainische junge Lyrikbühne – DichterInnen aus den verschiedenen Städten der Ukraine – neue Stimmen der zeitgenössischer ukrainischen Lyrik (Kurator – Serhiy Zhadan).

Alle Veranstaltungen werden ins Deutsche und Ukrainische übersetzt bei freiem Eintritt.

 

Milena Findeis
Stand 15/06/2017

 

Kontakt:
Lilia Schutjak, Pressesprecherin
http://www.meridiancz.com/de/
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Poesie- und Lyrikfestival: Meridian Czernowitz

von Ann-Marie Struck

Geschichte und Bedeutung für die Stadt        

Die multiethnische Stadt Czernowitz ist die heimliche vergessene literarische Hauptstadt Europas, denn in ihr lebten beispielsweise Größen, wie Olha Kobylanska, Josef Burg, Gregor von Rezzori und Mihai Eminescu. Auf ebendiesem kulturellen Erbe baut das 2010 gegründete Poesie- und Lyrikfestival „Meridian Czernowitz“ auf. Der Name des Festivals spielt auf Celans Metapher „Meridian“ an, mit welcher der aus Czernowitz stammende Literat seine bekannte Georg- Büchner-Preis-Rede 1960 betitelte. Das Motiv des Meridians, eine gedachte, die Erde von Pol zu Pol umspannende Linie, steht für die Verbindung, die durch Poesie entsteht. Der Meridian soll zur Begegnung führen, die Celan, wie er sagt, „[…] mit unruhigen Fingern nach dem Ort seiner eigenen Herkunft suchend auf einer Kinder-Landkarte findet.“ Die Verbindung, ein Zeichen für die Begegnung, die im Fokus von Celans poetologischem Manifest steht, wird im Gedicht hergestellt. Auf der Suche nach einem Gegenüber findet Celan in der Poesie etwas „[…] wie die Sprache – Immaterielles, aber Irdisches, Terrestrisches, etwas Kreisförmiges, über die beiden Pole in sich selbst Zurückkehrendes und dabei – heitererweise – sogar die Tropen Durchkreuzendes – ich finde…einen Meridian.“

Celans Poetologie der Individuation des Künstlers, als auch des Lesers durch das Sprechen in der Poesie, steht in Verbindung mit dem Konzept des Festivals, welches versucht, die zeitge-nössische, ukrainische Literaturszene ins rechte Licht zu rücken und sich wieder innerhalb der europäischen Literaturszene zu etablieren. Ziel von „Meridian Czernowitz“ ist der Dialog zwischen ukrainischen und internationalen Künstlern und die Etablierung Czernowitz’ in der Kulturlandschaft Europas. Dabei greift das Festival auf das vielfältige kulturelle Erbe der Stadt und das historische Gedächtnis seiner Einwohner zurück. In Anlehnung an den geographischen Terminus kann „Meridian Czernowitz“ als Metapher sowohl für Celans Poetologie als auch Czernowitz selbst gelesen werden. Die von Celan erwähnten Tropen symbolisieren die Mehrsprachigkeit der Bukowina vor dem Zweiten Weltkrieg, in dem das Jiddische, das Deutsche, das Rumänische und das Russische gesprochen wurden. Die daraus resultierende außergewöhnliche, vielsprachige Literaturtradition spiegelt sich in der Veranstaltung „Czernowitz Meridian“ wieder, wobei dabei der Fokus auf die Rückkehr zur Amtssprache Ukrainisch in die Sprache der Poesie liegt. Demzufolge ist es eine ukrainische Veranstaltung mit überwiegend ukrainischen Autoren, Lyrikern, Übersetzern, Essayisten und Künstlern, die versuchen, trotz der Problematik der Sprachbarriere, international wahrgenommen zu werden.

Konzept

Das Ziel des Festivals ist neben der literarischen Renaissance in Czernowitz eine Neuintegration der ukrainischen Literatur in die Kulturlandschaft Europas. Im Fokus steht der Dialog zwischen den internationalen Dichtern der Gegenwart. Das Konzept der Begegnung überschneidet sich mit der Arbeit des 2014 im Zuge des Lyrikfestivals eröffneten Paul-Celan-Literaturzentrums. Beide Institutionen widmen sich der Popularisierung der multinationalen und vielsprachigen Literatur der Bukowina, wobei das Celan Zentrum vor allem vergessene rumänische, polnische oder jüdische (überwiegend jiddischsprachige) Autoren der Bukowina untersucht. Die im Westen bereits geschätzten Literaten, wie Karl Emil Franzos, Alexander Morgenbesser, Alfred Margul-Sperber, Georg Drozdowski, Rose Ausländer, Moses Rosenkranz, Alfred Kittner, Paul Celan, Gregor von Rezzori, Selma Meerbaum-Eisinger, Manfred Winkler, Ilana Shmueli, Itzig Manger, Moshe Altmann, Josef Burg, Aharon Appelfeld und andere, sind in ihrer Heimat weiterhin unbekannt, da sie aus ideologischen Gründen oftmals nicht publiziert wurden. Ziel ist es, diese historische Ungerechtigkeit auszugleichen, weshalb das Celan Zentrum als Sammel- und Forschungsstelle agiert. Zudem organisiert das Zentrum das Festival mit und seine Räumlichkeiten dienen ebenso als Hauptbühne.

Die Dichterlesungen, Vorlesungen, Diskussionen und Buchpräsentationen finden aber ebenfalls in der Nationalen Jurii-Fedkowytsch Universität Czernowitz und dem Kulturpalast statt. Doch auch die Stadt selbst wird zum Hauptakteur des Festivals, indem literarische Spaziergänge, Musik-Poesie-Abende, Wein-Zigarren-Abende, Theatervorstellung, Konzerte und Buchvor-stellungen überall in der Stadt verteilt stattfinden.

Meridian Czernowitz ist durch den für bestimmte Projekte des Festivals extra gegründeten Verlag mehr als nur ein Poesiefest. Dieser publiziert im Laufe eines Jahres fünf bis sieben Bücher von teilnehmenden Autoren in allen Sprachen.