Kleinseitner Friedhof, Prag
Der zweitälteste Friedhof der Stadt Prag - namens - "Kleinseitner" liegt in Smíchov (Prag 5). Er wurde - um 1680 - während der großen Pestepidemie angelegt. Während der in den Jahren 1713, 1714 folgenden Pestepidemie, wurde - anstatt der ursprünglichen kleine Spitalskapelle - eine neue Kapelle der Heiligen Dreifaltigkeit gewidmet. 1724 wurde die Kapelle zur Friedhofskirche umgebaut, wohl nach dem Plan von Kilian Ignaz Dientzenhofer aus dem Jahr 1723.
Unter Kaiser Josef II. wurde in der ganzen Monarchie die Bestattung in Kirchen und in zentral gelegenen Friedhöfen verboten, letztere wurden an den Stadtrand verlegt. 1786 wurde der Kleinseitner Friedhof als Begräbnisstätte für die am linken Moldau-Ufer gelegenen Stadtteile: Kleinseite, Hradschin, Prager Burg, Smíchov und Košiř eingeweiht. Damals lag dieses Areal außerhalb der Stadt Prag: es bestand aus Feldern, Weinbergen und Weingütern wie jenen der Familien Betramka oder Klamovka.
Die Vorstadt Smíchov mit bedeutenden Industriebetrieben wie Porghes-Textilien und Ringhoffer-Waggonproduktion entwickelte sich zu einem Wirtschaftsstandort. Bedingt durch den Bevölkerungszuwachs wurde 1862 das Friedhofsareal erweitert. Die wachsende Vorstadt grenzte unmittelbar an den Friedhof an, der 1885 geschlossen wurde. Zukünftig diente der Friedhof Malvazinky als Begräbnisstätte.
1910 sah ein neuer Stadt-Erschließungsplan die Liquidierung des geschlossenen Friedhofs vor. Der damals neu gegründete Klub "Altes Prag" unterstützt von Persönlichkeiten aus der tschechischen Kulturszene (darunter die Schriftsteller Jakub Arbes, Alois Jirásek und der Maler Max Švabinský) retteten das Bestehen des Friedhofs.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die viel befahrene Pilsner-Straße erweitert. Die Gräber an der Nordseite des Friedhofs wurden aufgelöst, teilweise wurden Tote exhumiert und an anderer Stelle begraben. Vor und im Zweiten Weltkrieg galt der Friedhof als Symbol der tschechischen Kultur im 19. Jahrhundert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sein Weiterbestehen wiederum in Frage gestellt. Erneut gelang es durch Bürgerengagement den verbliebenen Teil des Friedhofs unter Denkmalschutz zu stellen. Von 1951 - 1953, während einer weiteren Erweiterung der Pilsner-Straße, wurden die Toten im Nordteil des Friedhofs exhuminiert. Kunsthistorisch wertvolle Denkmäler wurden abgetragen und in der Nähe des Denkmals von Leopold Leonhard Thun-Hohenstein errichtet. Im Mozartjahr 1956 hat man an der Südseite des Friedhofs ein Denkmal für die Prager Mozartfreunde Franz Xaver und Josefine Duschek errichtet.
Wegen fortschreitender Verwüstungen in den 50er Jahren wurde der Friedhof für die Öffentlichkeit geschlossen. Für die Freigabe des Friedhofs wurde 2011 der Verein zur Rettung des Kleinseitner Friedhofs gegründet. Dank des großen Arbeitseinsatzes von Freiwilligen wurde der, die Grabmäler überwuchernde Bewuchs entfernt, Wege und Grabstätten gereinigt, kranke Bäume gefällt. Der Kleinseitner Friedhof (Malostranský hřbitov) gleicht einer Freichlichtgalerie bedeutender Bildhauer - vom Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts - der Familie Platzer, Josef Malínsky, Josef und Emmanuel Max, Václav Práchner, F. Linn, F. Pischelt, J.L. Kranner die viele ihrer Skulpturen auf den Gräbern signiert haben.
Die Öffnungszeiten und Termine sind der Webseite des Vereins zu entnehmen.
Prag, Juni 2022, Milena Findeis