Tschechien - wieder Zeman
“Kein Frühling in Prag” so der Untertitel des Buches von Hans-Jörg Schmidt, erschienen im Frühjahr 2013 im Verlag 3.0. Der Autor, seit 1990 als deutschsprachiger Korrespondent in Prag tätig, hat hautnah miterlebt was nach der samtenen Revolution im November 1989, angeführt vom Dichter und ersten Präsidenten Václav Havel, bis zu der Präsidentenwahl 2013, wo erstmals in direkter Wahl Zeman gewählt worden ist, aus der ehemaligen Tschechoslowakei bis 1992, 1993 erfolgte die Teilung in Tschechien und die Slowakei, geworden ist.
In 37 Artikeln werden persönliche Erlebnisse gepaart mit politischen Ereignissen gespiegelt, ergänzt durch Fotos von Björn Steinz.
Stimmungsbilder sind die Berichte, in einem Glossar wird angeführt, in welchen Medien sie erschienen sind - aber ohne Datumsangabe.
Für mich, als gebürtige Österreicherin seit 1991 in Prag lebend, war der Blickwinkel interessant: Unter dem Titel “Der falsche Präsident” werden die Zusammentreffen der tschechischen mit den den deutschen Präsidenten, von 1990 bis Frühjahr 1993, bezogen auf die Sudetendeutschen-Frage umrissen. Die Begegnung Havel - Kohl jener mit Klaus - Gauck gegenübergestellt. Wie schwer es ist, miteinander im Gespräch zu bleiben, nicht nur wegen der Sprache sondern vor allem wegen des meist eingeschränkten Blickwinkels der daran Beteiligten.
Nach Erscheinen des Buches überschwemmten im Juni 2013 wieder, nach dem Jahrhundert Hochwasser im August 2002, Moldau und Elbe viel Land und Gut. Die konservative Koaltionsregierung wurde durch eine Polizei-Razzia aus dem Amt gehoben und der neu gewählte Präsident Zeman, torkelt siegestrunken in einer Machtfülle, die an die kommunistische Diktatur erinnert. Warum es soweit kommen konnte, spiegelt sich in Artikeln wie “Feind - Todfeind - Parteifreund”, “Tschechien ist keine Präsidialdemokratie” wieder.
Die Sprache ins Kulinarische übertragen: Gulasch mit böhmischen Knödeln. Als Kostprobe wird aus “Hochverräter Klaus” von Hans-Jörg Schmid serviert: “Nur, wenn man den Sack (Klaus) schlägt und eigentlich den Esel (Zeman) meint, dann kommt selten etwas Gutes dabei heraus. Klaus hat bei allen Fehlern, die er gemacht hat, auch Vorzeigbares vorzuweisen. Er hat das Land wie kaum ein Zweiter seit 1989 geprägt. Das kann man ihm nicht absprechen. Man mag einwenden, dass es Fairness in der Politik selten gibt. Aber es sollte zumindest so etwas wie Anstand geben. Auch unter Senatoren.”
Sozusagen als Hausmannskost ist “Tschechien - wieder Zeman” eine Annäherung an den tschechischen Alltag . Direkt zu bestellen beim Verlag 3.0
Milena Findeis