Im Aufstieg begriffen, schau nicht zurück - es wendet sich im Fall. 2020 Rückschau

Die Zersplitterung

23. Bo / Die Zersplitterung

oben Gen, das Stillehalten, der Berg
unten Kun, das Empfangende, die Erde

I Ging 

Das Urteil

Die Zersplitterung. Nicht fördernd ist es, wohin zu gehen.

Es ist eine Zeit, da die Gemeinen im Vordringen sind und eben im Begriff stehen, die letzten Starken und Edlen zu verdrängen. Darum, weil das im Lauf der Zeit begründet ist, ist es für den Edlen unter solchen Umständen nicht förderlich, etwas zu unternehmen. Aus den Bildern und ihren Eigenschaften ist das rechte Verhalten in solchen widrigen Zeiten zu entnehmen. Das untere Zeichen bedeutet die Erde, deren Eigenschaft die Fügsamkeit und Hingebung ist, das obere Zeichen bedeutet den Berg, dessen Eigenschaft die Stille ist. Das legt den Rat nahe, sich in die böse Zeit zu fügen und stille zu sein. Es handelt sich hier nicht um menschliches Machen, sondern um Zeitverhältnisse, die nach himmlischen Gesetzen auch einen Wechsel von Zunahme und Abnahme, Fülle und Leere zeigen. Diesen Zeitverhältnissen läßt sich nicht entgegenwirken. Daher ist es nicht Feigheit, sondern Weisheit, wenn man sich fügt und vermeidet zu handeln.


 

Seit Jahrzehnten greife ich, wenn die Gedanken kreisen entweder zur Bibel  (überlasse es dem Zufall, welche Seite sich aufschlägt) oder werfe sechs Münzen und schlage  im I Ging nach. Innehalten. Philosophie, Wissenschaft, Religion, Natur. Mich innerlich sammeln um im Alltag zu bestehen.

Das Jahr begann mit dem Entsorgen von Tagebüchern, Notizen - weil sich darin nichts Neues fand. Der Container für Papier wurde damit gefüllt, im Herzen die Wiederholungen verabschiedet, entlassen.

Am 14. Februar, der 40. Geburtstag einer Freundin. Ich hatte zugesagt, zu einem kleinen Fest zu kommen. Sieben Frauen, drei Männer, ein Hund. Es wurde erzählt, gespielt, gesungen, gegessen, getrunken. Ein gemeinsames Fotoprojekt wurde geplant. Mitternachts mit der Straßenbahn beschwingt nach Hause gefahren. Drei Tage danach begann ich zu husten, fühlte mich matt, ging in die äußere und innere Isolation. Für Anfang März hatte ich eine Zugfahrt nach Zeltweg geplant, danach sollte es  weiter nach Griffen, zu einer Buchpräsentation von Valentin Hauser gehen. Auf der Rückfahrt  zurück nach Prag wollte ich in Wien Halt machen um Freundinnen besuchen. Ende Februar hustete ich noch immer, stornierte Tickets, Buchungen, Verabredungen. Am 10. März der Husten hatte sich etwas gebessert, quartierte ich mich bei Freunden ein, die auf Winterurlaub gefahren waren, um deren Wohnung, Garten und Katze zu betreuen.

In den Nachrichten häuften sich die Nachrichten über Covid 19* - ich informierte meine in Österreich weilenden Freunde, dass Tschechien beabsichtigt, ab 13. März die Grenzen zu schließen. Sie brachen ihren Urlaub ab, ich kehrte in meine Wohnung zurück. "Lockdown". Just an diesem Tag, Freitag, 13. März ging auf meinem Konto die Einzahlung meiner tschechischen Rente, auf die ich seit Oktober des Vorjahres gewartet hatte.

 

Maskenpflicht für jene, die außer Haus gehen müssen, sei es, um an ihren Arbeitsplatz zu gelangen oder um Lebensmittel einzukaufen. Ich hatte einige Masken von einer Ärztin, original verpackt, in meinem Erste-Hilfe-Kasten. Ich wurde gebeten, Masken zu nähen, bekam per Mail einen Schnitt, einen Link mit einem Tutorial und vor der Wohnungstür  lagen 20 Baumwollstücke, 20 x 20 cm herausgeschnitten aus einem Bettlaken. Mit der Hand ging das Nähen langsam. Online Recherche nach einer Nähmaschine, Resultat "ausverkauft", "Lieferung ab Juli". Per Zufall landete ich bei "Guzzanti" GZ 116, einen Namen den ich zuvor noch nie gehört hatte, bestellte bei "datart" und nach 24 Stunden wurde die Nähmaschine geliefert. Auspacken. Lesen. Probieren. Die Fachbegriffe, in tschechischer Sprache waren mir genauso fremd wie deren deutsche Übersetzung. Der Lokführer brauchte für seine langen Schichten acht bis zehn Masken, da diese alle zwei Stunden gewechselt werden sollen. Gehirn umschalten auf den Funktionsmodus  "ich bekomme das hin" nicht "das habe ich nie gemacht", "das kann ich nicht". Wenn sich beim wievielten Male? nichts mehr weiterbewegte, weil es an irgendeiner Stelle hakte, Kaffee trinken, durchatmen, es wieder versuchen.


Das war die Lektion, die ich aus diesem Jahr mitnehme: Den inneren Schalter umlegen.

Es war auch jenes Bild, das ich vom ersten Lockdown in Prag in mir trage: Vor einem Lebensmittelgeschäft wird ein älterer Mann, da er keine Maske hat, nicht ins Geschäft gelassen. Polizei wird gerufen. Seitdem habe ich immer unbenutzte Masken mit, um sie verschenken zu können an Menschen, die sie brauchen.

Im April dieser Moment: ich erkenne die Handschrift am Kuvert, nach dem Öffnen: eine gedruckte Pate, die Verstorbene wollte, dass ich von ihrem Ableben benachrichtigt werde. Ich war bei ihrer Verabschiedung in der Feuerhalle, sie fand im engen Familienkreis statt.

Als Spaziergänge wieder erlaubt sind, genügend Masken genäht, verteilt worden waren - zu meinen Spaziergängen mit der Kamera zurückgekehrt. Ein ungewohntes Prag, weil der Blick - wenn keine Touristen durch enge Gassen strömen - ein anderer ist.  Ab 15. Juni verkehrten wieder grenzüberschreitende Züge, am 16. Juni ein erster Besucher für ein Abendessen auf dem Balkon. Der Balkon wurde zum Treffpunkt mit einzelnen Menschen, Ersatz für das Kaffeehaus, das Museum, den Konzertsaal. Begegnungsgsort. Der Geburtstag der 70jährigen Freundin, wir feierten ihn zu zweit auf dem Balkon.Telefonate mit Familienmitgliedern, Briefe schreiben, Bücher lesen, Blumen pflanzen - das Leben den Gegebenheiten anpassen.

Anfang Juli, ich bin bei Mama in Zeltweg. In Österreich herrscht nach wie vor in allen öffentlichen Verkehrsmitteln Maskenpflicht. In der Kleinen Zeitung, sie wird Mama täglich per Zustellung ins Haus geliefert, lese ich vom Event, dass die Prager auf der Karlsbrücke eine riesige Tafel aufstellten um die Befreiung von Covid 19 zu feiern. Mir ahnt, wie das spätestens im Herbst enden wird. Von tschechischen Reisebüros werden Züge Richtung Kroatien eingerichtet, das Recht auf Sommer Urlaub wird verteidigt! Schwejk war eine Überlebenskünstler, jetzt sehe ich vielerorts Menschen die das "jetzt" gedankenlos abfeiern. Ich fahre mit der Bahn von  Zeltweg nach Klagenfurt, kann mich bei einer verreisten Freundin einquartieren. Früh morgens, nach Sonnenaufgang, mache ich Spaziergänge und bin nahezu allein unterwegs. Rund um den Wörthersee wird gefeiert, ich halte mich fern von allen Veranstaltungen. Es geht weiter nach Osttirol nach Sillian in ein Appartment, wo auf Abstand, Desinfektion geachtet wird. Zurück in Prag fühle ich mich mit meiner Vorsicht beäugt von Menschen, die diese nicht verstehen - das hindert mich nicht daran, in der Öffentlichkeit weiter Maske zu tragen.

Lese viel, weiche mit meinen Spaziergängen aus in die Leere, wo ich weder ein öffentliches Verkehrsmittel benötige noch sich Menschen bewegen. Eine Benachrichtigung, dass die Salzburger Festspiele - 100 Jahr  Jubiläum -  doch stattfinden werden. Strikte Hygenie Vorschriften, die Karten sind nicht übertragbar, es gibt keine Pausen mit Imbiss und Getränk. Ich hatte im November 2019 für die Handke Uraufführung "Zdeněk Adamec" eine Karte erworben. Mir wurde eine Karte für den 7. August zugeteilt.  Ich wäge ab, soll ich, soll ich nicht? Dem inneren Ruck folgend sondiere ich den Zugfahrplan Prag - Salzburg, mit Umsteigen in Linz ist das in nicht ganz sechs Stunden möglich. Buche ein Hotelzimmer, das vom Bahnhof aus zu Fuß erreichbar ist - in der Nähe des Landestheaters. Aufstehen um 3 Uhr morgens, mit der Straßenbahn und einem Lokalzug morgens um 4 Uhr Richtung Hauptbahnhof Prag und wie immer trage ich Maske, habe Desinfektionsmittel mit. Mittags komme ich in Salzburg an, gehe in der Mittagshitze Richtung Hotel. Wenig Menschen sind unterwegs. Die Hotelrezeption gleicht einer Arztpraxis. Masken, Desinfektionsmittel. Höfliche Distanziertheit.  Beziehe mein Zimmer, es hat ein Fenster zum Garten. Öffne es weit, checke meine Mails. Finde ein Mail von den Salzburger Festspielen, im Anhang eine ausdruckbare Karte. Die Rezeption druckt mir die Karte aus. Es erspart mir den Weg ins Kartenbüro. Die Karte gültig mit dem Personalausweis, beinhaltet einen Verhaltenscodex für den Besuch der Aufführung. Maske, Abstand wahren. Abends gehe ich über den Mirabellgarten zum Landestheater. Im weißen Kleid dazu passend eine weiße Maske. Die Eingänge gut beschriftet, das Personal freundlich, hilfsbereit. Kaufe ein Programmheft und suche meinen Platz auf dem Balkon. Die Ordnung der freigelassenen Plätze formt sich in meinem Kopf zu einem Muster. Es ist heiß und ich sitze und schaue. Digitale Schriftzeichen laufen am Band über die Bühne des Salzburger Landestheaters. Ich hatte das Buch "Zdeněk Adamec" direkt beim Suhrkamp Verlag bestellt, doch es war vor der Abreise nicht geliefert worden. Ein Bekannter mailte mir den Buchinhalt im PDF Format, so dass ich es im Zug nach Salzburg sitzend, lesen konnte. Ein wenig hatte ich bei der Recherche über Zdeněk mitgewirkt. So hatte ich eine eigene Vorstellung entwickelt und was ich dann auf der Bühne sah, empfand ich als Zersplitterung - nicht als Annäherung. Die Schauspielerinnen Luisa-Céline Gaffron, Eva Löbau, Sophie Semin  und die Schauspieler Christian Friedel André Kaczmarczyk, Nahuel Pérez Biscayart, Hanns Zischler spielten unter Regie von Friederike Heller, Dramaturgie Andrea Vilter ihre einstudierten Rollen. Ich schaute dem Spiel zu. Hörte zu.  Beim Spielende war mir klar, ich muss mich selber aufmachen, nach Humpolec um dem nachzuspüren, was ich beim Lesen des Buches empfunden habe. In dem Booklet der Salzburger Festspiele ist ein von Zdeněk Adamec im Jahr 2003 verfasster Text, aus dem Tschechischen übersetzt von Natascha Drubek, abgedruckt:

Aktion Fackel 2003 "Und warum Verbote? Brauchen wir einen Polizisten, der über uns wacht? Warum brauchen wir Gesetze; Kann nicht jeder selbst erkennen, was er darf und was nicht? Offensichtlich sind wir eine unreife Zivilisation und müssen noch viel lernen, aber das Problem ist, dass man einige Fehler nur einmal macht. Sind wir eine Zivilisation von Selbstmördern? Am ehesten passt das Motto ‘Jetzt sind wir dran und nach uns die Sintflut’. In hundert Jahren werden wir in Gasmasken herumlaufen, wenn es so weitergeht. Mehr als 2 Milliarden Menschen leben auf der Erde. Und jeder sägt am Ast des anderen. Die Zivilisation ist auf dem Weg zur Selbstzerstörung."

Vor dem Ende erhebe ich mich von meinem Randplatz, habe das Bedürfnis allein zu sein. Raus auf die nächtliche Straße. Um die auf die Straßen verlegten Bartheken mache ich einen Bogen, mir ist weder nach Trinken, noch nach Gesellschaft. In der Hotelhalle, die Bar ist geschlossen, steht ein Getränkeautomat. Ich ziehe mir ein Stifterl Weißwein, gehe auf mein Zimmer. Die Tür lässt sich nicht öffnen. Der Code beschädigt. Bitte die Rezeption die Karte neu zu codieren (da ich selber 12 Jahre im Hotelmanagement tätig gewesen bin, weiß ich, dass das passieren kann) und setze mich bei weit geöffnetem Fenster aufs Bett, öffne den Wein und plane meine Reise nach Humpolec.

Am Vormittag treffe ich mich mit einer ehemaligen Kollegin, in einem Café direkt an der Salzach, auf einer großen Gartenterrasse. Sie lebt in Australien, hat vor kurzem zum zweiten Mal geheiratet. Die Zeit mit ihr verfliegt und sie begleitet mich, sie ist mit dem Rad unterwegs, zum Bahnhof Salzburg.  Der Waggon in dem ich sitze ist beinahe leer und ich genieße die Aussicht auf die Landschaft. Umsteigen in Linz, ab der tschechischen Grenze füllt sich der Zug und hier bin ich die einzige, die Maske trägt.

Humpolec, 17. bis 19. August. Mit dem Regionalzug R 977 fahre ich um 8.04 Uhr in Prag ab. Es ist einer jener Züge, in dem die Haltestops weder angezeigt noch angesagt werden. Ich habe den Fahrplan mit, von einer freundlichen Dame kaufe ich mir einen Kaffee und  habe Uhr und Landschaft im Auge. Umsteigen in Havlíčkův Brod in einen Triebwagen, einen, mit zu öffnenden Fenster, das freut mich jedesmal. In Humpolec steige ich aus.  Es ist ein heißer Sommertag und ich mache mich auf dem Weg, folge meinem Instinkt Richtung Zentrum. Dort finde ich ein Informationsbüro und frage dort nach dem Weg zu dem von mir gebuchten Hotel. Erhalte Informationsmaterial. Vergehe mich einige Male und nach etlichen Umwegen lande ich in dem Hotel mit zwölf Zimmer - es liegt auf einer Kuppe in unmittelbarer Nähe der ehemaligen Synagoge, die heute ein Begegnungshaus der Evangelischen Kirche ist. Melde mich bei der Rezeption, bekomme einen Schlüssel ausgehändigt und gehe aufs Zimmer. Geräumig mit kleinem Balkon mit direktem Blick auf die Synagoge. Erkunde den weitläufigen Friedhof, der mit Bäumen gut beschattet ist und finde das Grab der Familie Adamcova. Zdeněks Vater war Friedhofssteinmetz.

"Was hat er sich wohl versprochen, der Zdeněk, von seiner Selbstverbrennung gegen den Zustand der aktuellen Welt? Ein Fanal für nichts und wieder nichts? Jedenfalls für nichts Bestimmtes? Dagegen seine Vorgänger auf dem Wenzelsplatz ein Vierteljahrhundert früher, Jan Palach und der andere Jan – die hatten, so vor den Augen der Welt dramatisch zu sterben, doch einen gründlichen Grund, nachzulesen für alle Zeit in allen einschlägigen Geschichtsbüchern, oder nicht?, während Zdeněk Adamec sogar in Humpolec kaum mehr als ein Gerücht ist, oder nicht?" S. 12, Peter Handke Zdeněk Adamec, Eine Szene. 

Das Verweilen in Grabesnähe erdet mich. So geerdet erhebe ich mich und schreite weiter. Auf einer Landstraße kommt mir ein Mann entgegen mit einer Sense und einem hölzernen Handkarren. Wir lächeln uns an. Seine Frage, ob ich auf der Suche bin, beantworte ich "eine ruhige Ecke zum Kaffee trinken". Er meint, ich solle mit ihm kommen, seine Frau würde in der Gartenlaube einen Kaffee kochen. Ich folge ihm. Angekommen in der Gartenlaube stellt er, Jiří, mir seine Frau Jarmila vor. Wir sitzen zu dritt in der Gartenlaube und ich lausche ihren Erzählungen. Jiřís Großvater hatte unter T.G. Masaryk 1917 in Russland gedient. Erzählungen  von seiner Mutter, die im April dieses Jahres 102 jährig verstorben ist. Was alles aufgebaut wurde, was  wieder verloren ging. Jetzt - fühle ich, warum ich nach Humpolec gefahren bin, um diesen Paar zu begegnen, ihnen zuzuhören! Jiří packt für mich von ihm gezogenes Gemüse ein. Eine Wegzehrung. Die Frage, ob ich fotografieren könnte, wird mit ja beantwortet. "Was bedeuten die Zahlen auf der Hütte?" Jiřís Gesichtsausdruck verändert sich ob dieser Frage, dem verschmitzten Lächeln folgt ein Schmerzenslaut "Am 18.3.2003 verstarb mein einziger Sohn, der beim Heer diente, an den Folgen eines Unfalls, vor seinem 19. Geburtstag." Er zeigt mir Fotos vom Sohn. Bildhaft gesprochen, ein schöner junger Mann. Ich drücke seine Hand. Danke für die freundliche Aufnahme und mache mich auf den Weg - zurück ins Hotel. Dort kaufe ich mir ein frischgezapftes Bier, nehme es mit aufs Zimmer, und verbringe den Abend am Balkon sitzend. So legen mir Bücher die Spur hinein ins Leben, zu Begegnungen, die mich prägen.

Anfang September fahre ich per Bahn nach St. Veit an der Glan, um einen Freund zu besuchen. Sein im Jahr 2018 abgebranntes Haus ist wieder aufgebaut. Ihn in alter Frische zu sehen, tut der Seele gut. Danach Weiterfahrt nach Zeltweg. Mama hat den operativen Eingriff, ihr wurde in der dritten Juli Woche ein Herzschrittmacher eingesetzt, gut überstanden und sie erwartet mich bei Ankunft auf dem Bahnhof mit dem Rad. Dankbarkeit prägt das Wiedersehen.

Zurück in Prag besteht bei einer umsichtig, vorsichtigen Freundin - da ein Arbeitskollege positiv getetestet wurde - die Notwendigkeit, dass auch sie sich einen Test unterziehen muss. Ich begleite sie zum Test. Beim ersten Test, ein negatives Ergebnis. Ein Monat später wird sie positiv getestet, eine Woche später ihr Mitbewohner J. Beide bleiben für drei Wochen in Quarantäne, ich stelle ihnen - je nach telefonischer Verabredung - das von ihnen benötigte vor ihre Wohnungstür.  Beginne wieder mit dem Nähen von Masken, dieses Mal zweilagig und mit speziellen Stoffen, die ich online bestellen kann. Aus Kisten baue ich im Keller ein Lager für die von J. geernteten Äpfel. Den von ihm geernteten Lavendel nähe ich in Baumwolle ein und versende Päckchen an Familie und Freunde.

Anfang November belege  ich einen Masterclass Kurs mit Prof. Günter Faltin, um zu lernen. Digital - lässt sich das gut bewerkstelligen. Das Jahr 2020 lehrte mich, dankbar und zufrieden und offen für Neues zu sein.

 

Prag, 30. Dezember 2020, Augnerin


Lese- und Hörlinks für ein glückendes, innovatives 2021

 

  • „Lernen findet eigentlich immer nach hinten, also rückwärts statt“ Mit Risiken haben wir es immer dann zu tun, wenn wir die Zukunft nicht genau bestimmen können, wir aber gleichzeitig Entscheidungen treffen müssen in der Gegenwart, um damit umzugehen. Armin Nassehi im Gespräch mit Peter Sawicki, „Pandemie ist ein wunderbares Beispiel, wie träge Gesellschaften sind“, Deutschlandfunk 02.01.2021

  • Der Bericht eines tschechischen Sportlers, der 2020 mit Covid19 - ums Überleben kämpfte: "Covid kann jeder bekommen und  überraschend -  so wie in meinem Fall. In so einem schweren Fall werden Sie nicht in der Lage sein, die Folgen des Virus selber zu bekämpfen. Je schneller Sie in von Ärzten in einem Krankenhaus behandelt werden, desto besser stehen die Möglichkeiten, es zu überleben.
    Durch das, was wir tun und wie wir uns verhalten, wie vorsichtig wir sind und wie wir andere in unserer Umgebung respektieren, machen wir deutlich, wie sehr wir die Arbeit unserer Sanitäter und Mediziner schätzen - denken Sie darüber nach, wenn Sie mit anderen Menschen auf einen Platz protestieren, wenn Sie öffentliche Verkehrsmittel ohne Maske benutzen ... lasst uns verantwortlich handeln. Medizinische Mitarbeiter haben jeden Menge zu tun, und wenn wir uns Sportler nennen, sollten wir gesund sein und Maßnahmen wie Maske, Händewaschen, Abstand und andere Einschränkungen mittragen. Gerade der uns verbindende Sport lehrt Respekt, Geduld und das Nachdenken darüber, ob und wie wir mit unserem Körper und unseren Mitmenschen verantwortungsbewusst umgehen."

  • * In Sachen Corona kommt es nicht darauf an, was die Dinge mit uns, sondern was wir mit den Dingen machen.
    Konrad Paul Liessmann, 31.12.2020, NZZ

  • Wer mit Technik spielt und den Zusammenhang, in dem sie steckt, nicht kennt, nicht weiß, wie man sie anwendet, der gerät schnell in Panik – bis der Meister kommt, der Könner, und den marodierenden Besen wieder wegsperrt.
    Die Kernkompetzenz allen Umgangs mit Technik ist es, den Ein- und Ausschalter zu kennen.
    In allen Fällen geht es um Fachwissen und um die Courage, es auch anzuwenden. Die Moral all dieser Geschichten lautet: Wir sind die Meister.
    Das bleibt die wichtigste Kraft technischer Gestaltung.
    Aber es gibt auch, gerade dort, wo Automaten arbeiten, eine Verpflichtung, mit der man "überprüft, ob ein Mensch anwesend und handlungsfähig ist." Falls das nicht so ist, schaltet sich die Maschine von selbst aus. Eine Lok fährt nicht weiter, wenn der Lokführer nicht regelmäßig eine Taste betätigt und seine Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit beweist. S. 121, aus dem Buch Zusammenhänge von Wolf Lotter.  Podcast, 4.12.2020  Wolf Lotter und Gunter Dueck – sind wir noch zu retten?

  • Juli Zeh, Wir wissen aus Erfahrung, wie gefährlich Angstmechanismen sind. Deshalb würde ich von verantwortlicher Politik und auch von verantwortlichen Medien verlangen, dass sie niemals Angst zu ihrem Werkzeug machen. Leider passiert seit Jahrzehnten das Gegenteil, nicht erst seit Corona. Anstatt uns hoffnungsfroh Ziele für die Zukunft zu setzen, ist es seit der Jahrtausendwende quasi zur Tradition geworden, ein apokalyptisches Szenario nach dem anderen auszurufen und damit die Aufmerksamkeitsökonomie zu bedienen oder sich machtpolitische Vorteile zu sichern. Jede politische Richtung hat quasi ihr eigenes Untergangsszenario, mit dem sie Werbung macht. Die Massenerregbarkeit der Gesellschaft ist immer größer geworden, gleichzeitig wachsen auch Depressionen und Neurosen. Es wäre absolut wichtig, zur Sachlichkeit zurückzukehren und die Bevölkerung als mündige Bürger zu behandeln statt wie verstörte Kinder. Angst schlägt irgendwann in Aggression um, und es ist völlig unklar, gegen wen oder was sich das dann richten wird. Juli Zeh in einem Interview mit Jan Heidtmann, SZ, April 2020

 

2020 Rückblickend. Danke für die Begegnungen.

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